Posts Tagged ‘Management’

Deming-Philosophie im Film (1)

Donnerstag, 10. März, 2011

Zur Erläuterung der Deming-Philosophie gibt es mehrere Hilfsmittel wie das Red Bead Experiment oder das Funnel Experiment. Neben diesen Mitteln kann man auch Fallbeispiele verwenden, an denen man darlegen kann, welche Prinzipien Demings befolgt oder vielmehr nicht befolgt worden sind. Auch in diversen Spielfilmen kann man – auch wenn das von den Machern nicht vorgesehen war – solche Beispiele finden. Aus diesem Grund werde ich sie in unregelmäßigen Abständen vorstellen.

Den Anfang macht der Film „Der Zerstreute“. In seinem Regiedebüt verkörpert Pierre Richard den Werbefachmann Pierre Malaquet. Bei seiner Arbeit steht im neben einer Vorliebe für makabere Inhalte die erwähnte Zerstreutheit im Wege.

In der folgenden Szene soll Pierre Werbung für das neueste Produkt von Clistax machen, einem Beutel für Tüten. Für dieses revolutionäre Produkt hat er eine ebenso revolutionäre Kampagne ersonnen. Die Einwohner von Paris erfahren eines Morgens übers Radio von einem Preisausschreiben, in dem sie besagten Beutel mit Tüten gewinnen können. Dazu befinden sich in der Stadt verteilt mehrere Repräsentanten von Clistax mit einem Ei in der Hand. Wenn es einem Teilnehmer gelingt, einem Clistax-Mann mit dem Ruf „Bravo Clistax!“ ein Ei auf dem Kopf zu zerschlagen, erhält er einen Beutel von Clistax. Was danach geschah, ist hier zu sehen:

Im seinem System des umfassenden Wissen hat Deming an erster Stelle das Verständnis für ein System betont. Insbesondere sollte die Wirkung der Komponenten eines Systems aufeinander beachtet werden. Wenn dies unterlassen wird, etwa weil man zerstreut ist, kann sowas wie oben das Ergebnis sein.

Wie man Geeks NICHT führen sollte

Donnerstag, 11. Juni, 2009

[EINLEITUNG:

„Gut geht es Dänen und denen, denen Dänen nahestehen.“

Dieser Spruch von Wolfgang Neuss aus dem Film „Wir Wunderkinder“ ist ein Sinnbild für das Ergebnis von zwei Studien zum Glücksgefühl („Happiness“) in den Ländern, welche beide zu dem Schluß kamen, daß die glücklichsten Menschen in Dänemark leben. Daher ist es nicht verwunderlich, daß der dänische Unternehmensberater Alexander Kjerulf die Arbeitsfreude (dän. „arbejdsglæde“) als wichtigen Faktor für produktive Arbeit erkannte, sich daraufhin zum Chief Happiness Officer ernannt hat und nun darüber doziert. Arbeitsfreude wird dieselbe Bedeutung beigemessen wie der Geschmack beim Essen, d.h. sie wird häufig als vernachlässigbare Größe behandelt. Daß sie sehr wohl ein entscheidender und vor allem beeinflußbarer Faktor ist, kann der geneigte Leser an den folgenden Quellen studieren:

Und wer einen Gegenentwurf der Sarrazin-Fraktion aus Deutschland studieren möchte:

Für die folgende Übersetzung eines Artikels von Alexander Kjerulf habe ich mich entschieden, den Begriff „Geek“ beizubehalten. Er umschreibt eine Person, die sich mit einem – meist technischen – Thema eingehend beschäftigt und sein Leben darauf ausrichtet und dies auch in seiner Arbeit umsetzt. Ein passender Ausdruck wäre vielleicht „Computerfreak“ gewesen, aber im Einklang mit den anderen Übersetzungen verwende ich den Originalbegriff, auch zur besseren Übertragbarkeit auf ähnliche Situationen.]

Wie man Geeks NICHT führen sollte

Als die Geeks bei NCR in Australien mit Streik drohten, war das ein Schritt, welcher Geldautomaten, Supermarktkassen und das Check-In auf Flughäfen hätte lahnlegen können. Dies unterstreicht die Tatsache, daß IT in den meisten Unternehmen so wichtig geworden ist, daß jede Störung eine Menge Zeit und Geld kosten kann, was wiederum bedeutet, daß die Geeks am Arbeitsplatz bei Laune zu halten ein absolutes Erfordernis im modernen Geschäftsleben ist.

Der Hauptgrund, warum IT-Leute am Arbeitsplatz unglücklich sind, bilden schlechte Beziehungen zum Management, oft weil Geeks und Manager grundverschiedene Persönlichkeiten, berufliche Hintergründe und Ziele haben.

Manche Leute schließen daraus, daß Geeks Manager hassen und unmöglich zu führen sind. Der Spruch „Geeks zu führen ist wie Katzen zu hüten“ wird zuweilen verwendet, ist aber schlicht und ergreifend falsch. Die Tatsache ist, daß Geeks schlechtes Management hassen und noch weniger Verständnis dafür haben als die meisten anderen Angestellten.

Wo geht es also schief? Ich begann als Geek und wurde später eine Führungskraft und IT-Firmengründer, so daß ich das Glück hatte, in beiden Lagern gewesen zu sein. Hier sind die 10 größten Fehler, die ich bei Managern erlebt habe, wenn sie Geeks leiteten:

1: Spielen Sie die Weiterbildung herunter

Ich hatte einmal einen Chef, der sagte: „Weiterbildung ist reine Geldverschwendung, gehen Sie selber lernen“. Die besagte Firma ist zwei Jahre später zusammengebrochen. Auf die Weiterbildung kommt es an, gerade in IT, und Manager müssen das begreifen und dafür Geld einplanen. Manchmal bekommt man zu hören: „Wenn man ihnen Weiterbildung gibt, dann kommt ein Konkurrent und schnappt sie einem weg“. Das mag stimmen, aber die Alternative wäre dann, nur Angestellte zu haben, die zu ungebildet sind, um woanders zu arbeiten.

2: Geben Sie keine Anerkennung

Da Manager möglicherweise die Arbeit nicht verstehen, welche die Geeks sehr gut erledigen, ist es schwierig für sie, die Arbeit anzuerkennen und zu belohnen, welche sehr gut erledigt wurde, was die Motivation schädigt. Die Lösung ist, zusammen eine Reihe von Zielen zu erarbeiten, über die sich beide Seiten einig sind. Wenn diese Ziele erreicht werden, dann verrichten die Geeks eine tolle Arbeit.

3: Planen Sie zu viele Überstunden ein

„Laßt uns soviel Arbeit wie möglich aus unseren Geeks herauspressen, sie haben sowieso kein Leben,“ so scheint der Ansatz einiger Manager zu lauten. Das ist ein Riesenfehler, und überarbeitete Geeks brennen aus oder verlassen einfach die Firma. In einem berühmten Fall erlitt ein junger IT-Mitarbeiter einen streßbedingten Schlaganfall, wurde ins Krankenhaus eingeliefert, kehrte kurz darauf zur Arbeit zurück und erlitt umgehend einen weiteren Schlaganfall. Dieser Artikel behandelt eingehender das Märchen, daß lange Arbeitsstunden gut für das Geschäft sind.

4: Verwenden Sie Managersprech

Geeks hassen Managersprech und betrachten es als oberflächlich und unehrlich. Manager brauchen kein Fachchinesisch zu lernen, aber sie sollten die Business-Phrasen loswerden. Ein Manager kann sagen „Wir müssen proaktiv auf unser Time-to-market einwirken“ oder Deutsch sprechen und bei „Wir müssen dieses Projekt rechtzeitig abschließen“.

5: Versuchen Sie, schlauer als die Geeks zu sein

Wenn Manager nichts zu einer technischen Frage wissen, dann sollten sie das einfach zugeben. Geeks werden sie dafür respektieren, jedoch nicht dafür, daß man vorgibt, etwas zu wissen. Und sie werden das mitkriegen – Geeks sind schlau.

6: Handeln Sie inkonsequent

Geeks besitzen einen tief sitzenden Sinn für Fairness, wahrscheinlich aufgrund der Tatsache, daß in der IT Struktur und Konsequenz entscheidend sind. Die Dokumentation kann nicht eine Sache behaupten, während das Programm etwas anderes macht, und ebenso können Manager nicht eine Sache sagen und dann etwas anderes machen.

7: Ignorieren Sie die Geeks

Da MAnager und Geeks verschiedene Sorten von Menschen sind, könnten Manager am Ende die Geeks allein lassen. Das macht das Führen von ihnen schwierig, und Geeks benötigen gute Menschenführung genauso wie alle anderen Mitarbeitergruppen.

8: Treffen Sie Entscheidungen, ohne sie um Rat zu fragen

Geeks kennen für gewöhnlich die technische Seite des Geschäfts besser als der Manager, daher ist eine technische Entscheidung zu treffen, ohne sie um Rat zu fragen, der größte Fehler, den eine Führungskraft machen kann.

9: Geben Sie ihnen keine Werkzeuge

Ein schneller Computer mag mehr Geld kosten als ein älteres Gerät und es mag auch nicht den Firmenrichtlinien entsprechen, aber Geeks benutzen Computer anders. Ein langsamer Computer senkt die Produktivität und ist ein tägliches Ärgernis. Das gilt auch für veraltete Software. Geben Sie ihnen die Werkzeuge, die Sie benötigen.

10: Vergessen Sie, daß Geeks kreative Arbeiter sind

Programmieren ist ein kreativer Vorgang, kein industrieller. Geeks müssen sich ständig Lösungen für neue Probleme einfallen lassen und lösen kaum jemals das gleiche Problem zweimal. Daher benötigen sie Spielraum und Flexibilität. Strenge Dress-Codes und zuviel Papierkram töten jegliche Innovation. Sie benötigen ebenfalls eine kreative Umgebung, um dem Bürozellentod zu entgehen.

Einen oder mehrerer dieser Fehler zu begehen (und ich habe Manager gesehen, welche alle 10 machten) hat ernste Folgen, darunter:

  • Niedrige Motivation
  • Hohe Mitarbeiterfluktuation
  • Erhöhtes Fernbleiben
  • Niedrigere Produktivität
  • Niedrigere Qualität
  • Schlechter Service

Fröhliche Geeks sind produktive Geeks, und der wichtigste Faktor ist gutes Management, welches auf deren Situation zugeschnitten ist.

Vorbehalte:

  • Ich behaupte nicht, daß alle Geeks gleich sind. Geeks sind wahnsinnig verschiedenartige Leute, und dieser Artikel verallgemeinert gefährlich.
  • Ich behaupte nicht, daß alle IT-Leute Geeks sind. Manche sind es, manche nicht. Ich war es ganz bestimmt.

Wenn Sie diesen Artikel mochten, dann denke ich, werden Sie auch an diesen Vergnügen finden:

  • Let’s go vampire slaying“ – Mehr echt schlechte Managementideen, die man meiden sollte.
  • eXtreme Projects“ – Wie kann Extremprogrammierung bei Nicht-IT-Projekten angewendet werden?
  • Make your business happy and rich“ – Einfache Schritte, um die Leute bei der Arbeit in einem beliebigen Unternehmen fröhlich zu stimmen. Besonders wichtig für Jungunternehmen!
  • Don’t fight stress“ – Das macht Sie nur noch gestresster. Lernen Sie, wie Sie stattdessen ruhig in einem hektischen Job bleiben können.

Oder gehen Sie einfach zur Startseite und sehen Sie sich um. Diese Webseite handelt generell davon, wie wir bei der Arbeit fröhlich sein können und wie wir bessere und effizientere Arbeitsplätze gestalten können.

NACHTRAG:

Dieser Artikel ist auch in anderen Sprachen verfügbar:

(Übersetzung des Artikels mit freundlicher Genehmigung des Verfassers)

Umschreibung der Aufgaben des Managements

Sonntag, 3. August, 2008

John Hunter, Autor des Curious Cat Blogs für Management, veröffentlicht regelmäßig einen Blog-Karneval mit Links zu interessanten Blog-Beiträgen über Management. In seinem neuesten Karneval, welcher in seiner vollständigen Fassung bei Lean Blog beherbergt wird, sprang mir ein Satz ins Auge, welcher die Aufgaben des Managements besser umschreibt, als es die üblichen Stellenbeschreibungen je können:

„Die einzige Aufgabe des Managements ist es, eine Umgebung zu schaffen, wo Leute, welche sich selbst überlassen und unbeaufsichtigt sind, mit höchster Wahrscheinlichkeit in ein Verhalten verfallen, welches die Ziele der Organisation vorantreibt.“

Der Satz stammt von Dr. Stuart Rosenberg, CEO von Harvard Medical Faculty Physicians und bedeutet, daß die Leute die äußerlichen und innerlichen Voraussetzungen erhalten, damit deren Verhalten das gewünschte ist. Zu den innerlichen Voraussetzungen gehört auch das, was W. Edwards Deming als „pride of workmanship“ bezeichnet hatte. Auch Demings Forderung, Qualitätsmanagement nicht auf Kontrollen allein aufzubauen, findet sich in dem Satz wieder.

Wie aller guten Gedanken über das Management läßt sich dieser auch auf verwandte Felder wie Erziehung oder Regierung übertragen.

Umgang mit Problemen der Mitarbeiter

Mittwoch, 11. Juni, 2008

In einem Beitrag der Lean Six Sigma Academy wird eine Umfrage unter Arbeitnehmern erwähnt. Die näheren Einzelheiten der Umfrage sind nicht bekannt, aber dem Schaubild zufolge ist anzunehmen, daß die Mitarbeiter danach gefragt wurden, welches das größte Hindernis bei der Erfüllung ihrer Aufgaben ist. 39 % der Befragten gaben an, daß das größte Hindernis zuviel Arbeit ist, welche sie in der gegebenen Zeit nicht erledigen können. Die Frage ist, was man mit diesem Ergebnis anfangen soll.

Eine populärer Ansatz lautet, daß das Problem der nicht rechtzeitig ausgeführten Arbeit auf die mangelnde Leistung der Mitarbeiter zurückzuführen ist. Der Grund für die mangelnde Leistung der Mitarbeiter ist deren schlechte Einstellung. Im Beitrag wird eine andere Denkweise präsentiert.

Das am zweithäufigsten von den Mitarbeitern genannte Hindernis waren unklare Aufgabenstellungen. Der Verfasser des Beitrages kommt zu dem Schluß, daß somit ein Fall von Muri (jap. Begriff für Überlastung der Ressourcen) vorliegt. Nach seiner Auffassung können einfache Formen der Standardisierung Klarheit bei den Aufgaben schaffen und somit die Belastung der Arbeitnehmer verringern.

Der Vorschlag des Verfassers stößt nicht auf ungeteilte Zustimmung. In den Kommentaren wendet ein Leser ein, daß die Angaben der Arbeitnehmer darauf hinweisen, daß diese die Verantwortung von sich weisen. Dazu ist folgendes anzumerken:

  • In der Umfrage wurde offensichtlich nach Hindernissen gefragt. Diese dürften unabhängig vom Einsatzwillen und vom Verantwortungsbewußtsein der Mitarbeiter bestehen.
  • Die Leistungen eines Betriebes hängen nicht nur von den Eigenschaften der Mitarbeiter ab, sondern sind das Ergebnis des Zusammenwirken der Arbeitnehmer mit den Arbeitsbedingungen. Laut W. Edwards Deming sind die Arbeitsbedingungen zu 94 % für die Leistungen zuständig, was auf einen nicht unerheblichen Faktor hinausläuft.
  • Um die Leistung eines Betriebes entscheidend verbessern zu können, ist die Nutzung des Wissens und der Beobachtungen der Mitarbeiter unerläßlich.

Für jeden, der sich ernsthaft mit dem Qualitätsmanagement in seinem Betrieb auseinandersetzen will, stellen sich somit zwei Fragen:

  1. Wie werden Schwierigkeiten beim Erfüllen der Aufgaben interpretiert?
  2. Gegeben dieselben Mitarbeiter: Sind die Arbeitsbedingungen tatsächlich so beschaffen, daß die Mitarbeiter tatsächlich ihre beste Leistung abliefern können? Wenn ja: Wie weiß man das?

Multitasking ist Teufelswerk

Mittwoch, 19. März, 2008

„Just when they think they got the answers, I change the questions.“ – „Rowdy“ Roddy Piper.

Seit einiger Zeit gibt es die Möglichkeit, im Internet Filme bzw. Fernsehsendungen zu betrachten. Wenn man sich z.B. dazu entschlossen hat, von zwei Fernsehsendungen jeweils drei Folgen anzusehen, so bieten sich zwei Möglichkeiten an:

  1. Zuerst werden alle Folgen der einen Serie angesehen, dann alle Folgen der anderen Serie.
  2. Die Folgen werden abwechselnd betrachtet, also erst eine Folge der einen Serie, dann eine Folge der anderen Serie, dann die nächste Folge der ersten Serie usw.

Preisfrage: Angenommen, der gemeine Projektmanager würde die entsprechende Anfrage eines Kunden entgegennehmen, also je 3 Folgen von 2 Serien. Für welche Reihenfolge würde er sich entscheiden?

Wer auf Möglichkeit 3 getippt hat – bei der Übertragung der Folgen zwischen beiden Serien willkürlich hin- und hergeschaltet – kann für sich beanspruchen, die richtige Antwort gefunden zu haben.

Wer noch herausgefunden hat, daß der Projektmanager auf die Frage des Kunden, was dieser @*$%! soll, erwidert, daß der Kunde lediglich flexibel sein und sich auf die Wechsel einstellen muß, hat sich einen Bonuspunkt verdient.

Auch wenn das eben beschriebene Szenario absurd klingt, so ist es in den Betrieben gang und gäbe und wird als professionelles Vorgehen gepriesen. Wenn ein Betrieb mehrere Projekte zu bearbeiten hat, wird die Entscheidung, an welchem Projekt gerade gearbeitet werden soll, auf spontaner Basis (bzw. nach aktueller Lage) getroffen und an die Mitarbeiter weitergegeben. Von den Mitarbeitern wird erwartet, daß sie sich, obwohl sie von der Umstellung erst dann erfahren, direkt darauf reagieren und ohne Probleme am anderen Projekt arbeiten können. Grundlage dafür ist die Annahme, daß der Erfolg eines Betriebes allein von der Leistungsfähigkeit bzw. -bereitschaft der Mitarbeiter abhängt. In diesem Fall haben die Mitarbeiter das Leistungsmerkmal Flexibilität aufzuweisen. Ein Vorteil dieses Ansatzes ist, daß bei Problemen Mitarbeiter identifiziert werden können, denen die Schuld gegeben werden kann.

Dieser Ansatz hat nur ein Problem: Er erfaßt nicht alle für die Leistung der Firma verantwortlichen Aspekte. Denn die Leistung der Firma besteht nicht allein aus den einzelnen Leistungen der Mitarbeiter. Diese Mitarbeiter arbeiten in einem System, welches die Zusammenarbeit zwischen ihnen bestimmt. Vor allem aber bestimmt das System, welche Voraussetzungen die Mitarbeiter für ihre Arbeit haben. Beim Ishikawa-Diagramm, mit welchem die Ursachen für eine Wirkung oder ein Problem erfaßt werden, gibt es z.B. die Kategorien Methoden, Maschinen, Menschen, Materialien, Messungen und Milieu/Umwelt (es sind auch andere Einteilungen möglich). Daraus ist zu ersehen, daß der einzelne Mitarbeiter nur einen Beitrag unter vielen zur Arbeit leistet. Daher kam W. Edwards Deming zum Schluß, daß die Resultate bzw. die Probleme zu 6% von den Individuen und zu 94% vom System verursacht werden (gerüchteweise war auch von einem 2-zu-98-Verhältnis die Rede).

Man könnte nun sagen, daß auch wenn die Mitarbeiter nur zu 6% verantwortlich sind, so sind sie doch nicht jeder Verantwortung entbunden und sollten auf jedem Fall ihre Leistung bringen, da sie für ihre 6% voll verantwortlich sind. Das Problem dabei ist, daß in einer Firmenkultur, in welcher der Fokus nur auf die Leistungen der Mitarbeiter liegt, die Rolle des Systems für die Leistung des Betriebes übersehen wird. So werden mit großem Aufwand die Mitarbeiter kontrolliert und streng beurteilt, deren Umgebung oder die Arbeit an sich werden jedoch nicht auf Verbesserungsmöglichkeiten überprüft. Im unseren Fall des Multitaskings bedeutet das, daß die Mitarbeiter dazu angehalten werden, flexibler zu werden und daß die Mitarbeiter als nicht flexibel genug befunden werden, wenn die Zeit zur Fertigstellung eines Projektes länger ist als geplant. Es wird nicht studiert, unter welchen Voraussetzungen bei gleicher Veranlagung der Mitarbeiter das Projekt am schnellsten und am problemlosesten fertig wird.

Es ist eigentlich nicht besonders schwer, den mangelnden Nutzen von Multitasking zu studieren. Man kann das Beispiel zu Beginn nehmen und sich vorstellen, daß die beiden Fernsehserien zwei Projekte darstellen. Selbst wenn die Umstellung zwischen den Serien kein Problem darstellen sollte, benötigt man für die drei Folgen einer Fernsehserie die wenigste Zeit, wenn man diese hintereinander ansieht, ohne daß etwas von der anderen Serie dazwischen kommt. Je schneller ein Projekt erledigt wird, desto früher wird es erledigt und desto eher kann man mit einem Folgeprojekt beginnen. Dann gibt es auch die Möglichkeit, eine Quelle wie das Curiuos Cat Management Improvement Blog aufzusuchen und dort eine Suche nach Beiträgen über Multitasking vorzunehmen. Über die Ergebnisse kann man auf Artikel wie diesen stoßen, wo unter anderem darauf hingewiesen wird, daß Multitasking die Arbeit in Wahrheit verlangsamt. Dies sind keine Argumente von Sektierern, sondern besitzen eine theoretische und praktische Grundlage und werden regelmäßig besprochen. Ein weiteres Beispiel dafür, daß Multitasking durchaus als schlecht angesehen wird, ist die Tatsache, daß es verboten ist, beim Autofahren mit dem Handy zu telefonieren. Hier wird der Nachteil für die Sicherheit beim Fahren anerkannt. Allerdings gilt die Benutzung des Handys als individuelles Vergehen, was die Übertragung dieser Erkenntnis auf die Arbeit erschwert.

Mir ist klar, daß oft der Fall vorkommt, wo ein einzelner Mitarbeiter oder eine Gruppe an mehreren Aufgaben arbeiten muß. Es muß aber nicht sein, daß die Projektplanung ins Blaue hinein erfolgen muß. Wo es möglich ist, sollten die Mitarbeiter jeweils immer nur an einem Projekt arbeiten müssen. Wo sie mehrere Projekte gleichzeitig erledigen müssen, sollten sie auf einen Wechsel zwischen den Projekten, soweit möglich, vorbereitet sein. Das Entscheidende hierbei ist, daß ein vermeidbarer unerwarteter Wechsel eine Verschwendung von Zeit und Arbeit darstellt. Daher sollte bei der Projektplanung im Voraus ermittelt werden, welche Aufgaben anfallen, damit weniger Chaos bei der Arbeit anfällt. Die Möglichkeiten dazu sind vorhanden. Wer diese nicht erkennen will und immer noch einzig und allein Flexibilität von seinen Mitarbeitern fordert, beweist also damit nur, daß er gegenüber wichtigen Aspekten des Managements einfach ignorant ist.

Warum Innovation in Firmen nicht gerne gesehen wird

Montag, 17. März, 2008

Als Mitarbeiter einer Firma ist man oft der Versuchung ausgesetzt, eine Idee einzubringen. Grund dafür ist der Ruf, welchen Erfinder genießen und der Fortschritt, welcher gemeinhin mit Innovation verbunden wird. Oft ist man auch während der Ausbildung oder im Selbststudium mit Wissen in Kontakt gekommen, welches in der Firma nicht behandelt wurde. Allerdings erweisen sich solche Schritte in der Praxis als kontraproduktiv, da sie den Firmen eine Reihe von Problemen bereiten:

  • Eine Firma lebt davon, daß sie ihr Produkt oder ihre Dienstleistung in gleichbleibender Qualität anbietet. Das erfordert eine einheitliche Ausführung der Arbeit, welche dadurch gewährleistet wird, daß Vorschriften aufgestellt werden, deren Einhaltung streng überwacht wird.
  • Das Nachgehen eines Vorschlages erfordert Zeit und Geld. Beides sollte besser für die Arbeit verwendet werden.
  • Mit der Äußerung eines Vorschlages wird meistens unterstellt, daß man die bisherige Firmenpraxis nicht für die beste hält oder daß es Probleme gibt, welche nicht behandelt wurden. Die Firma ist jedoch darauf angewiesen, daß die Praktiken oder die Firmenkultur von den Mitarbeitern nicht in Frage gestellt wird. Außerdem wirken sich Beschwerden schlecht auf die Stimmung und somit auf die Arbeitsleistung aus.
  • Wird mit dem Vorschlag eine Verbesserung der Produktivität oder ähnliches beabsichtigt, so zielt er in der Regel auf eine Veränderung des Systems, in welchem die Mitarbeiter tätig sind, ab. Dies läuft auf eine Leugnung der Verantwortung der Mitarbeiter für die Ergebnisse der Firma hinaus. Außerdem sind etwaige Veränderungen des Systems eine Sache der Firmenleitung.
  • Es ist nicht selbstverständlich, daß der von Innovationen versprochene Nutzen tatsächlich eintrifft. Dies liegt zum Teil daran, daß Ideen für Innovationen oft in Unkenntnis des bestehenden Wissens und teilweise sogar durch willkürliche Kombination von einander fremden Gebieten formuliert werden. Etwaige Erfolge sind somit nur dem Zufall zuzuschreiben.
  • Auch wenn sichergestellt wird, daß Ideen auf absolute Fachkenntnis gründen, ist damit nicht sichergestellt, daß die entsprechende Innovation Erfolg hat.
  • Mündet die Innovation trotzdem in ein Produkt, eine Dienstleistung oder eine andere Praxis, so tragen sie oft noch Kinderkrankheiten in sich, deren Ausmerzung sowie weitere Verbesserungen mit weiterem Aufwand verbunden ist.

Diese Punkte führen zu dem Schluß, daß es die Professionalität gebietet, daß ein Mitarbeiter sich auf seine Arbeit konzentriert, anstatt die Abläufe in der Firma zu behindern.

Es kann allerdings vorkommen, daß eine Firma das Potenzial in einer erfolgreichen Innovation sieht. In diesem Fall werden Maßnahmen getroffen, welche die Wahrscheinlichkeit eines Erfolges erhöhen und den Schaden von Mißerfolgen vermindern. Ein wesentliches Element ist die Ausweitung des Wissens, welches für Entscheidungen herangezogen wird. Da anzunehmen ist, daß die Mitarbeiter das Wissen auf keinen Fall reduzieren, sondern allenfalls erweitern können, werden in solchen Firmen Ideen der Mitarbeiter als eine möglicherweise gute Sache angesehen.

Es reicht, wenn man die Regeln befolgt, oder?

Montag, 3. März, 2008

Während meines Studiums habe ich einmal folgende Situation erlebt:

Im Rahmen meines Nebenfaches Informatik mußte ich ein Vorlesungsskript zu einer Grundstudiumsvorlesung besorgen. Die Skriptenverkaufsstelle hatte nur in den Mittagsstunden geöffnet. Als ich mich dort einfand, standen dort schon ca. 100 Studenten Schlange und wollten ebenfalls dieses Skript haben. Als das Ende der Öffnungszeit kam, schlossen die Mitarbeiter der Verkaufsstelle die Tür, verkauften die letzten Skripten für diesen Tag an die Studenten, welche dann noch drinnen waren und schickten sie durch den Raum über die Hintertür nach draußen.

Nun kommt die entscheidende Frage: Die Mitarbeiter haben sich an die Vorschrift gehalten, welche besagt, daß die Skriptenverkaufsstelle zu einer bestimmten Zeit geöffnet hat. War aber in Anbetracht der Tatsache, daß viele Studenten vergeblich Schlange standen, am nächsten Tag wiederkommen mußten und dann nochmal Schlange stehen mußten, die Ausgabe der Skripten an sich nicht doch schlecht abgewickelt worden? Oder allgemeiner ausgedrückt: Reicht es aus, wenn die Vorschriften befolgt werden, wenn die Vorschriften möglicherweise nicht optimal sind? Für die Mitarbeiter der Skriptenverkaufsstelle stand jedenfalls nur fest, daß nach der Öffnungszeit keine Skripten verkauft werden.

Anderen geht’s schlechter! oder: Wieviel Verbesserung braucht der Mensch?

Freitag, 29. Februar, 2008

Es dürfte schon so manchen aufgefallen sein: Die Deutsche Bahn hat ein ernstes Imageproblem. Um das Jahr 2002 herum habe ich in der Zeitung das Ergebnis einer Umfrage gelesen, nach welcher in Europa nur die Italiener und die Niederländer eine schlechtere Meinung von ihrer Bahn hatten (die niederländische Bahn scheint sich seitdem etwas verbessert zu haben). Man kann der Deutschen Bahn zugestehen, daß sie so manches leistet und so manches auch gut leistet. Allerdings kann man sich nicht des Eindruckes erwehren, daß einige regelmäßig vorkommende Probleme (z.B. die selben Verspätungen auf einer Strecke) hingenommen werden, ohne daß sie wahrgenommen, studiert oder gar vermindert werden. Die Tatsache, daß die Bahn im Umgang mit den Kunden oft selbstbezogen handelt (neues Preissystem 2002, Abschaffung der Nachlösemöglichkeit für Fahrkarten usw.), macht die Sache nicht wirklich besser.

Gemäß dem Motto „Humor ist, wenn man trotzdem lacht“ werden auf der Webseite bahn-spass.de besondere Erlebnisse und andere interessante Sachen über die Bahn gesammelt. Ein Beitrag berichtet davon, daß es überraschenderweise auch in Ländern wie Indien, Schweiz, Argentinien und England Probleme mit der Bahn gibt. In dem Beitrag wird auch die Frage aufgeworfen, ob angesichts dieser Berichte in Deutschland auf hohem Niveau gejammert wird. Wenn man bedenkt, daß man in Afrika froh sein würde, wenn man sowas wie die Deutsche Bahn hätte, ist diese Frage durchaus verständlich. Allerdings sollte man bedenken, daß man in diesen Ländern nicht über diese Probleme berichtet hätte, wenn dort nicht der Eindruck entstanden wäre, daß der Bahnverkehr dort nicht wie vorgesehen abgelaufen ist.

Überhaupt scheinen manche Zeitgenossen eine seltsame Vorstellung von Qualität zu haben. Während meines Studiums wurden die Kopierer an der Universität Dortmund durch neue ausgetauscht. Die Betreiberin der Geräte hatte schon damals den heutigen Trend zur totalen Gewinnmaximierung vorweggenommen und die Kosten bei der Wartung gesenkt. Das führte dazu, daß nicht alle Kopierer funktionierten und von dem Rest nicht alle ordnungsgemäß funktionierten. Nachdem an den schwarzen Brettern Zettel erschienen sind, wo die Studenten dazu aufgerufen wurden, von ihren Kopierproblemen zu berichten, griff die Betreiberin zu einer psychologisch geschickten Maßnahme und entfernte die Zettel. Bevor ein Aufstand losbrechen konnte, ging der Vertrag an einen anderen Betreiber. Nach einem Bericht in der Campus-Zeitung InDOpendent konnte ein Leser die Aufregung nicht verstehen, da diese Probleme seiner Meinung nach zur „modernen Technik“ gehören. Offensichtlich schien er übersehen zu haben, daß ein technisches Gerät eine Aufgabe zu erfüllen hat und eine moderne Ausführung dieses Gerätes sich durch mehr Möglichkeiten und/oder eine bessere Erfüllung seiner Aufgabe auszeichnet.

Überhaupt scheinen manche Leute es schlimmer zu finden, wenn man über ein Problem berichtet, als das eigentliche Problem selbst. Ein Beispiel dafür ist ein Beitrag bei Bahn-Spass.de, in welchem sich die Verfasserin darüber beklagte, daß ihr Bus nicht gekommen ist und die nächsten 4 Busse der Linie auch nicht. Da der Bus einen 10-Minuten-Takt hatte, lief das auf eine Verspätung von ca. 50 Minuten hinaus. Die Außentemperatur von 4 °C dürfte die Sache nicht unbedingt angenehmer gemacht haben. Trotzdem wurde dieser Bericht in einem Kommentar mit den Begriffen „fehlender Geduld“ und „Heuchelei“ bedacht. Als Begründung wurde angeführt, daß in Berlin täglich mehr als 1.300 Busse der BVG 300.000 Kilometer Linienverkehr bewältigen und zuweilen durch eine Demo, eine Straßensperre oder ähnliches aufgehalten werden. Dazu ist folgendes anzumerken:

  • Ein Bus sollte möglichst zu den Zeit abfahren, welche im Fahrplan angegeben ist.
  • Je mehr die tatsächliche Abfahrtszeit des Busses vom Fahrplan abweicht, desto schlechter ist das. Der „Schaden“ steigt dabei exponentiell an, d.h. das Wachstum wird mit jeder weiteren Minute stärker.
  • Der Bericht legt nahe, daß die Verspätungen (bzw. Ausfälle, zumindest bei der Deutschen Bahn gelten Ausfälle nicht als Verspätungen) auf eine spezielle Ursache zurückzuführen sind, d.h. keine normale Erscheinung der Linie gewesen sind. Solchen speziellen Ursachen sollte man nachgehen und erörtern, wie Probleme daraus zu vermeiden sind.
  • Aus dem Kano-Modell zur Einstufung von Kundenanforderungen geht hervor, daß es Basisanforderungen gibt, welche die Kunden als selbstverständlich erachten und überproportional unzufrieden werden, wenn diese nicht erfüllt werden. Der Ausfall eines Busses kann als Nichterfüllung einer Basisanforderung angesehen werden.

Wenn Leute dafür kritisiert werden, weil sie erwarten, daß ein Produkt oder eine Dienstleistung wie vorgesehen funktioniert, wird das gerne mit der Bemerkung verbunden, daß diese Erwartungshaltung so nur in Deutschland vorkommt. Abgesehen davon, daß gerade gezeigt wurde, daß es zur menschlichen Natur gehört, gewisse Erwartungen zu haben, sind das Erkennen und Vorausahnen von Problemen sowie der Vergleich mit einem Ideal notwendige Voraussetzungen für die Verbesserung der bestehenden Verhältnisse. Da in Deutschland traditionell Wert auf Gehorsam im weiteren Sinne gelegt wird, könnte man die Kritik an Kundenerwartungen damit erklären, daß diese als Renitenz eingestuft werden. Diese Form der Kundenbeschimpfung ist es, welche man somit als nur in Deutschland vorkommend bezeichnen könnte (allerdings kommt diese Kritik an Beschwerden auch in anderen Ländern vor – unter anderem in den Niederlanden).

Um auf die Frage zurückzukommen, ob die Beschwerden über die Deutsche Bahn angesichts der Probleme in anderen Ländern berechtigt sind, so kann man am besten auf den Demingkreis verweisen, welches ein Denkmodell für die andauernde Verbesserung ist. Die Möglichkeiten dazu lassen sich immer und überall finden. Also sollten auch die Bahnen immer und überall nach vernünftigen Verbesserungsmöglichkeiten suchen.

Der IT-Betrieb – eine statistikfreie Zone?

Mittwoch, 6. Februar, 2008

„There is no substitute for knowledge.“ (W. Edwards Deming)

Nach der Veröffentlichung seines Buches „Out of the Crisis“ arbeitete W. Edwards Deming an einem theoretischen Instrument, mit welchem man den Stand der Dinge betrachten und die notwendigen Veränderungen begreifen kann. Das Ergebnis ist das System of Profound Knowledge (dt. System vom Unfassenden Wissen). Es besteht aus vier Elementen:

  1. Erkennen eines Systems: Ein System besteht aus zwei oder mehr Elementen und erfüllt einen Zweck, welchen die Elemente auf sich allein gestellt nicht erfüllen können. Ein Beispiel ist ein Orchester, welches aus verschiedenen Musikern besteht. Damit es gute Musik machen kann, kommt es nicht so sehr auf die Fähigkeiten der Musiker als Solokünstler an, sondern darauf, wie sie zusammenspielen. Wenn das nicht funktioniert, weil jeder Musiker nur selber gut dastehen möchte, geht das zu Lasten des Orchesters. Auch eine Firma bildet mit ihren Zulieferen, Kunden, Angestellten, Anteilseignern usw. ein System, wo man die Zusammenarbeit der Elemente als Wirtschaft bezeichnen kann. Wie beim Orchester kann der Versuch, die einzelnen Elemente ohne Beachtung des Systems zu optimieren, das System zu zerstören. Aus diesem Grund hat Deming als Ziel für ein System vorgeschlagen, daß auf lange Sicht alle Beteiligten gewinnen sollen. In diesem Zusammenhang beschrieb er das herkömmliche Vorgehen einer Firma mit dem Versuch, ein größeres Stück vom Kuchen zu bekommen. Stattdessen sollte angestrebt werden, einen größeren Kuchen zu machen.
  2. Wissen über Variation: Im statistischen Sinn wird mit Variantion die Streuung von Werten bezeichnet. Diese Variation bzw. Streuung kann man bei Personen, Produkten, Resultaten, Dienstleistungen usw. antreffen. Wissen über die Variation ist aus folgenden Gründen wichtig:
    • Für die Produktion ist es wichtig, daß die Ergebnisse möglichst gleich bleiben. Je weiter man von einem optimalen Wert abweicht, desto schlechter ist das. Ein Zug sollte z.B. möglichst zur selben Zeit ankommen.
    • Die Ergebnisse eines Prozesses weisen an sich eine Streuung auf. Wenn die Streuung verringert werden soll, muß der Prozeß geändert werden. Beim Zug im Beispiel kann man davon ausgehen, daß er im Normalfall dieselben Zeiten fährt. Es ist also nicht ratsam, jede einzelne Fahrt als Sonderfall zu behandeln.
    • Ein ungewöhnliches Ergebnis weist auf ein besonderes Ereignis hin. Wenn ein Zug, der normalerweise 5 Minuten Verspätung hat, 50 Minuten zu spät ankommt, was sonst nicht vorkommt, dann liegt eine besondere Ursache vor, die sich ermitteln läßt.
    • Wenn ein gewünschtes Ziel außerhalb des Vermögens eines Prozesses liegt, dann läßt es nicht erreichen. Wenn ein Zug grundsätzlich 15 Minuten zu spät kommt, dann kann man nicht erwarten, daß er pünktlich ist.
    • Damit man weiß, was ein Prozeß leisten kann, muß er stabil sein, d.h. frei von besonderen Vorkommnissen. Je mehr sich die Verspätungen eines Zuges in einem bestimmten Rahmen bewegen, desto leichter kann man die Zugverbindung untersuchen und verbessern.
  3. Theorie des Wissens: Damit man sich die Welt erklären und die Folgen einer Tat abschätzen kann, benötigt man eine Theorie. Auch das Management muß bei einer Maßnahme wissen, was bei deren Durchführung passiert. Daher ist Management auch die Kunst der Vorhersage. Eine Theorie ist auch nötig, um Fallbeispiele und Erfahrungen beurteilen zu können, da Beispiele selbst keine Theorie schaffen, sondern höchstens widerlegen können. Auf einer Fläche addieren sich die Winkel eines Dreieckes zu 180°. Auf einer Kugel funktioniert diese Theorie jedoch nicht. Schließlich sorgt das Wesen der Theorie dafür, daß alles, was beobachtet oder gemessen wird, keinen „wahren“ Wert besitzt, da der Wert von der Beobachtungs- bzw. Meßmethode abhängt.
  4. Psychologie: Da Arbeit mit Menschen zu tun hat, muß man begreifen, daß das Miteinander eine entscheidende Rolle in einer Gemeinschaft spielt. Genauso muß man die Tatsache berücksichtigen, daß es zwischen den Individuen Unterschiede gibt. Dies drückt sich z.B. in der Art aus, wie sie etwas lernen können (einige lernen durch Lesen, andere durch Bilder usw.). Besonders wichtig ist jedoch der Unterschied zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation. Intrinsische Motivation ist Motivation aus der Achtung für sich selbst und andere. Extrinsische Motivation ist der Versuch, durch Belohnung und Bestrafung zu motivieren. Das Problem mit extrinsischer Motivation ist, daß sie zu Lasten der intrinsischen Motivation geht, da Belohnungen und Strafen dazu motivieren, daß Belohnungen erhalten und Bestrafungen vermieden werden, mit allen Konsequenzen. Der amerikanische Pädagoge Alfie Kohn legt in seinen Artikeln dar, daß auf diese Weise Schulnoten und sogar Lob schädlich sein können.

Das System of Profound Knowledge kommt durch das Zusammenwirken dieser vier Elemente zustande.

Um das System of Profound Knowledge zu begreifen und umsetzen zu können braucht man weder ein Systemanalytiker noch ein Statistiker noch ein Philosoph noch ein Psychologe zu sein. Das System zeigt auf, wie man eine Organisation beurteilen und wie sie im Idealfall aussehen sollte. Daraus ergeben sich die zur Umformung nötigen Schritte und Werkzeuge. Wenn das System of Profound Knowledge auf freiwilliger Basis erlernt wird, werden somit auch die für die Umformung nötigen Kenntnisse bereitwillig erlernt.

Gleichzeitig ist das System of Profound Knowledge hilfreich, um Methoden des Qualitätsmanagements von den 7 Qualitätswerkzeugen (Q7) (bzw. „7 grundlegenden Werkzeugen„)bis hin zu Six Sigma einzuführen oder zu begreifen. Gerade bei „Modeerscheinungen“ ist es wichtig, die Voraussetzungen für eine gelungene Durchführung sowie ihre Stärken und Schwächen zu begreifen. Deming erwähnte in diesem Zusammenhang, daß beim Versuch, das „japanische Geheimnis“ zu erlernen, Exkursionen unternommen wurden. Dabei erfuhr man beispielsweise, daß dort Qualitätszirkel üblich sind. Das Fehlen einer Theorie führte dazu, daß dann die Qualitätszirkel zu Hause eingeführt wurden, ohne daß man deren Voraussetzungen oder die Bedeutung begriff. Als sie dann nicht den erwarteten Erfolg zeigten bzw. Probleme verursachten, wurde die Aufmerksamkeit auf die aktuelle „Methode des Tages“ gerichtet.

In einem gewöhnlichen Betrieb werden die Prinzipien der vier Elemente auch ohne Kenntnis ihres Zusammenwirkens mehr oder weniger stark beachtet. Auch wenn die Kenntnis der Interaktion zu einer wirksamen Umsetzung im Qualitätsmanagement fehlt, so sind die Voraussetzungen soweit gegeben. In der IT-Welt verhalten sich die Dinge ähnlich bis auf eine Sache: Die Variation wird in einem gewöhnlichen IT-Betrieb nicht beachtet. Wie auch aus einem Diskussionsbeitrag hervorgeht, hat auch Deming dem Verständnis der Variation eine besondere Bedeutung beigemessen und die Vermutung dessen Verfassers bestätigt, daß 70 bis 80 % seiner Vorträge darauf beruhten.

Um ein Mißverständnis auszuräumen: In der IT-Branche werden sehr wohl statistische Methoden angewendet. Internet-Nutzungsstatistiken sind nur ein Beispiel von mehreren. Das Problem mit diesen Beispielen ist aber, daß sie entweder in externen Bereichen wie z.B. Marketing verwendet werden oder, sofern sie intern gebraucht werden, das Vorhandensein einer allgemeinen Variation ignoriert wird. Ein Beispiel dafür ist eine Mitarbeiterbeurteilung, bei welcher eine Rangliste erstellt wird und die Position bzw. die Leistungen ausschließlich auf den jeweiligen Mitarbeiter zurückgeführt werden. Dabei hat Deming festgestellt, daß die Leistungen zu 94 % vom System und nur zu 6 % vom Einzelnen abhängen. Statistische Methoden, welche im Rahmen des Qualitätsmanagements auf eine Optimierung eines IT-Betriebes als System abzielen, scheinen wenig verwendet zu werden.

Über die Gründe kann ich nur Mutmaßungen anstellen. Ein Grund kann sein, daß die IT-Welt mit ihrer Programmierungsarbeit sich als logisch arbeitendes System ansieht, wo jede Abweichung eine spezielle Ursache hat (eine Sichtweise, die nach Deming einen unkalkulierbaren Schaden verursacht). Ein damit zusammenhängender Grund kann sein, daß die IT-Branche sich als Pionier begreift und alles, was sie braucht, selber entwicklen muß. Aus anderen Branchen ist das Not-Invented-Here-Syndrom bekannt, wo Gruppendenken dazu führt, daß Erkenntnisse aus anderen Gruppen nicht übernommen werden.

Es gibt aber Hoffnung. Einerseits gibt es auch in der IT-Welt Leute, welche die Bedeutung der Variation für das Programmieren erkennen. Einer davon ist David J. Anderson, der die Theory of Constraints zur Verbesserung des Projektmanagements in der Softwareentwicklung verwendet und dabei auch die Variation beachtet. In seinem Blog liefert er Beispiele für allgemeine und spezielle Ursachen in der IT-Branche. Diese kann man mit statistischen Methoden analysieren.

Andererseits braucht eine kleine Firma kein aufwendiges System wie Six Sigma, dessen Einführung mit großem Aufwand verbunden ist und daher oft mehr Schaden als Nutzen anrichten kann. Wenn man damit anfängt, bestehende Probleme mit einfachen Methoden wie den sieben Qualitätswerkzeugen zu lösen und dabei das System of Profound Knowledge berücksichtigt, kann man die Wirksamkeit des Qualitätsmanagements vermitteln und weitergehende Methoden wie die Neuen Sieben Qualitätswerkzeuge einführen. Auf diese Weise arbeitet man sich von der Lösung lokaler Probleme vor zur Verbesserung des gesamten Systems (wobei die lokalen Probleme in Hinblick auf das System betrachtet werden müssen).

Falls jemand weitere Beispiele kennt, wo statistische Methoden in einem IT-Betrieb verwendet werden könnten oder es schon praktische Anwendungen gibt, so möchte ich gerne davon hören.

  • ZDNet.be: „In unserer eigenen kleinen IT-Welt befinden wir uns nach all den Jahren noch immer in einer USA-Mentalität der 50er Jahre, was Qualität angeht.“ – Der belgische Unternehmensberater Peter Hinssen wartet auf einen W. Edwards Deming für den IT-Sektor. (niederländisch)