Im Februar 2008 fand in Las Vegas der D.I.C.E Summit 2008 statt, ein jährlicher Gipfel der Videospiel-Produzenten. Die Grundsatzrede wurde von Gore Verbinski, der vor allem als Regisseur der „Fluch der Karibik„-Trilogie bekannt ist. Die Videospiel-Umsetzungen bildeten auch die Basis für seine Rede.
Gore Verbinski zeigte sich enttäuscht von den Umsetzungen, welche allgemein mäßige Kritiken bekommen haben. In seinen Worten hat sein Team mit den Filmen „Werte aus Nichts“ erschaffen, und er mußte zusehen, wie die Hersteller „Nichts aus den Werte“ erschaffen haben. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte zeitgleich mit den Filmen eine umfangreiche Multiplayer-Online-Version auf dem Markt erscheinen sollen. Der Grund, daß dies nicht geschah, sah er darin, daß die Spiele unter einem Merchandise-Gesichtspunkt gerieten, wo sie denselben Stellenwert wie ein Poster oder eine Aufziehpuppe hatten.
Laut Verbinski liegt das Problem darin, daß die meisten Spiele sich zu ähnlich sehen, da sie nur besseren Versionen von der selben Sache darstellen (wieso kommt einem hier EA Sports in den Sinn?) und nicht mal die Oberfläche dessen ausgelotet hätten, was hinsichtlich des menschlichen Erlebens möglich ist. Er stellte klar, daß das Publikum überrascht werden will und forderte, daß die kreativen Kräfte freigesetzt werden.
In diesem Zusammenhang machte Verbinski einen Seitenhieb gegen die Statistiker, indem er feststellte, daß die Daten nicht der Bösewicht sind, sondern daß es der Statistiker ist, der nicht sehen kann, daß die Stichprobe zu schmal ist, um genaue Schlußfolgerungen zu ziehen.
An dieser Stelle sollte man klarstellen, daß es nicht der Statistiker ist, der dies übersieht, sondern Leute, welche sich Statistiker bzw. statistischer Methoden bedienen. Das Problem entsteht dadurch, daß die Statistik entweder dazu dienen soll, eine gewünschte Politik abzusichern, oder daß die Grenzen der statistischen Methoden nicht gesehen werden. Wenn man den zukünftigen Weg eines Unternehmens nur nach den bisherigen Erfahrungen ausrichtet, dann kommt das laut Myron Tribus dem Versuch gleich, Auto zu fahren, indem man dabei durch die Heckscheibe sieht. Das hat einer Stichprobenerhebung allerdings nicht viel zu tun, wie Verbinski vermutet hatte, sondern mit einer Auslassung von Innovation. Ein richtiger Statistiker ist sich dieses Umstandes bewußt.
Natürlich spricht nichts dagegen, wenn man untersucht, welche Faktoren für den bisherigen Erfolg verantwortlich waren, um dann zu versuchen, den Erfolg zu wiederholen. Solange das funktioniert, ist dagegen auch nichts einzuwenden. Vom „Fluch der Karibik“ wurden übrigens auch zwei Fortsetzungen gedreht. Der Film selbst basiert auf der gleichnamigen Attraktion in Disneyland. Das entscheidende aber ist, daß es vor dem Start des ersten Filmes Zweifel gab, ob er überhaupt Erfolg haben kann. Schließlich zeigte die Erfahrung, daß Piratenfilme in den letzten Jahren gewaltige Mißerfolge waren, trotz Anstrengungen von Regisseuren wie Renny Harlin oder Roman Polanski. Das der Film Erfolg hat, beweist, daß es sich auszahlen kann, auch mal ungewöhnliche Wege zu gehen.
Abschließend läßt sich zu Verbinskis Forderungen sagen, daß man zwar nicht immer nur unerprobte Wege beschreiten kann und es ohne Statistik und Analyse der bisherigen Erfahrungen nicht geht, aber daß sie als Richtung, welche es zukünftig einzuschlagen gilt, grundsätzlich berechtigt sind und die Rede somit als verdienstvoll einzustufen ist. Da läßt sich auch die Kritik an die Statistiker verzeihen.